Der in 2017 gegründete Bürgerverein entstand aus einer Initiative der Ortschaftsräte und engagierter Bürger. Im Rahmen der Eingemeindung von Kohren-Sahlis zu Frohburg stand die große Frage: Was wird mit unserer ehemaligen Schule, worin sich später der Kindergarten, ein Arztzimmer, das Gemeindarchiv und das Gemeindeamt von Jahnshain, Linda und Meusdorf befand?
Wollen wir uns weiter darum bemühen oder „lassen wir das Gebäude los“ und überlassen der Stadt, es zu verkaufen? Wollen wir aktiv unser Dorfleben gestalten oder „genügt“ es, dass die sehr aktive Freiwillige Feuerwehr Jahnshain sich um Osterfeuer und Maibaumsetzen kümmert sowie die Kirchgemeinde Festivitäten gestaltet? In einer Sitzung des damaligen Ortschaftsrates standen diese vielen Fragen im Raum und es kam von einer jungen Rätin der Einwand, dass man das Haus in der Ortsmitte nicht einfach aufgeben sollte, vielleicht könnte man ja doch etwas daraus entwickeln für unsere Dörfer. Der Ortschaftsrat wurde aktiv und sicherte das Gebäude im Vertrag der Eingemeindung mit Frohburg. Und mit aus diesem Grund oder um die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr und andere Aktiver im Ort, die viele Dinge im Dorf aus privater Initiative bewegt haben, zu entlasten oder auch einen rechtlichen Rahmen zu sichern, hat sich der Bürgerverein JaLiMeu e.V. gegründet.
In unserer Satzung steht „Dorfentwicklung“. In 2018 haben wir uns mit Unterstützung des Landkreises Leipzig mit dem Konzept der Multiplen Häuser auseinandergesetzt. Multifunktional war das Gebäude schon immer seit seiner Erbauung nach 1891. Im Dachgeschoss befand sich schon immer eine Wohnung, die unteren Geschosse wurden genutzt für Schule, Kindergarten, Gemeindearchiv, Arztpraxis, Bürgermeisteramt, Jugendklub… In 2019 haben wir mit Hilfe von vielen Freiwilligen den unteren großen Raum einem Facelifting unterzogen – Löcher zugespachtelt, geputzt und einmal Farbe drüber inkl. Boden. Ein Kaminofen wurde zum temporären Heizen installiert. Mit kleinen Veranstaltungen und Projekten wurden Nutzungen getestet, es gab ein Kinderkino, ein Erwachsenenkino – beide Projekte laufen als Montagskino und Winterprogramm bis zum Frühjahr 2020. Es gibt seit Sommer eine Tauschbibliothek sowie zwei Bücher-To-Go-Regale in Linda und Jahnshain – ursprünglich aus Beständen der nun geschlossenen Stadtbibliothek in Kohren-Sahlis. Das Kulturgut Linda nutzt die Räumlichkeiten temporär für Kinder- und Jugendprojekte.
Die Stadt Frohburg unterstützt uns und wir haben die Zusage, das Gebäude in Erbpacht zu übernehmen zu können. Geplant ist dies nun endlich in 2021 nach dem Beschluss des Stadtrates am 15.10.2020.
Im Fokus zur Entwicklung der Dorfmitte steht neben der alten Schule steht der alte, seit über 25 Jahren leerstehende Gasthof, die ehemalige "Kralle". Das Gebäude gehört heute dem Freistaat Sachsen. Dank vieler Gespräche und Helfer hoffen wir, dass dieser zeitnah abgerissen wird.. Der seit Jahrhunderten ortsbildprägende Gasthof ist aufgrund des langen Leerstandes und fehlender Instandhaltung mit seinem eingebrochenen Dach leider nicht mehr zu retten. Wir hoffen, dass mit der Renaturierung der Fläche, der Ortskern des Dorfes wieder attraktiver und ansehnlicher wird.
Wie kann man heute unser Leben hier in den drei Dörfern im Kohrener Land, dem letzten, südlichen Zipfel vom Landkreis Leipzig, beschreiben?
Die Dörfer haben sich in den letzten 30 Jahren massiv verändert. Damals spielte sich ein Großteil des Lebens in einem sehr nahen Umfeld ab – vor allem aufgrund der Arbeitsplätze im Dorf, in der LPG. Die Alltagsbegegnungen waren intensiver – durch die Arbeit, den Kindergarten, den Konsum in Linda und Jahnshain sowie eben den Gasthof, der ein wichtiger kultureller Bestandteil des Lebens war – eingebettet, aber auch unabhängig von der politischen Situation. Der Zusammenhalt war durch die Gemeinschaft im Alltag enger, selbstverständlicher. Die Hofstellen der Dörfer waren intensiver und generationenübergreifend bewohnt. Mit dem politischen Umbruch 1989 hat sich der Alltag in den Dörfern radikal verändert. Wo ehemals vielleicht 80 % im nahen Umfeld arbeitete, sind heute nur noch wenige Menschen tagsüber arbeitend im Ort z. B. in der Landwirtschaft oder wohnortnahen Handwerksbetrieben. Jahnshain, Linda und Meusdorf haben immerhin eine Hand voll Familienunternehmen, die unabhängig und eigenständig Landwirtschaft betreiben und nicht in einer großen Genossenschaft organisiert sind. Die für das Kohrener Land typische Abweidung der Wiesen wird hier noch betrieben. Viele Familien leben ganz selbstverständlich mit eigenen großen Garten, versorgen sich selbst mit Obst und Gemüse, haben Geflügel, Schafe, Rinder oder auch Schweine. Hier lebt ein Vielfaches an Tieren im Verhältnis zur Personenzahl der Menschen (geschätzt insgesamt 1.000 Haustiere zu ca. 350 Menschen in 150 Haushalten). Das ist regionale (oft Bio-)Haltung – ohne Siegel – mit einem ganz selbstverständlichen Gefühl für Tierwohl und Respekt.
Die Wahrnehmung von Zeit hat sich in den letzten 30 Jahren radikal verändert. Die Menschen sind aufgrund ihres heutigen Alltages mehr mit sich selbst beschäftigt. Mobil zu sein ist eine existenzielle Grundlage, um hier zu leben. Viele ganz selbstverständliche Beziehungen von Nachbarschaft und Teilhabe sind aufgrund des fehlenden gemeinsamen Alltages in den Dörfern in Teilen verloren gegangen oder haben sich stark reduziert. Man begegnet sich nicht mehr so oft im Alltag.
Die meisten Menschen in Jahnshain, Linda und Meusdorf leben grundsätzlich zufrieden hier im Dorf, es geht ihnen gut. Aber auch unsere Dörfer überaltern, es gibt einige große Hofstellen mit alleinlebenden Menschen oder Ehepaaren. Das „Altwerden im Dorf“ und auch das „Jungsein im Dorf“ ist nicht so einfach und erfordert neue, andere Wege und Strategien.